Beschwerdemanagement
I. Begriff
Beschwerdemanagement umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein
Unternehmen im Zusammenhang mit Kundenbeschwerden ergreift.
II. Ziele des Beschwerdemanagements
Das generelle Ziel des Beschwerdemanagements liegt darin,Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit des
Unternehmens dadurch zu erhöhen, dass Kundenabwanderungen unzufriedener Kunden vermieden
und die in Beschwerden enthaltenen Hinweise auf betriebliche Schwächen und Marktchancen genutzt
werden.
Auf einer spezielleren Ebene lassen sich kundenbeziehungsrelevante und qualitätsrelevante Teilziele
unterscheiden. Zu den wichtigsten kundenbeziehungsrelevanten Teilzielen gehören die Stabilisierung
gefährdeter Kundenbeziehungen, die Förderung eines kundenorientierten Unternehmensimages und
die Schaffung zusätzlicher werblicher Effekte mittels positiver Beeinflussung der
Mundkommunikation. Wesentliche qualitätsrelevante Teilziele liegen in der Nutzung von
Beschwerdeinformationen zur Verbesserung der Produktqualität und der Vermeidung von Fehlerkosten
externer Art (z.B. Garantie- und Haftungskosten) sowie interner Art (z.B. Kosten für
Nachbesserungen). Die Gewichtung der Teilziele ist unternehmensindividuell im Rahmen einer
strategischen Planung für den Funktionsbereich Beschwerdemanagement vorzunehmen.
III. Aufgaben des Beschwerdemanagements
Das Beschwerdemanagement umfasst acht Aufgabenbereiche. Vier davon beeinflussen direkt das
Beschwerdeerleben des Kunden. Sie gehören zum direkten Beschwerdemanagementprozess, der für
das Kundenbeziehungsmanagement besonders bedeutsam ist: Beschwerdestimulierung,
Beschwerdeannahme, Beschwerdebearbeitung und Beschwerdereaktion. Vier weitere Aufgaben
machen den indirekten Beschwerdemanagementprozess aus, der ohne Kundenkontakt abgewickelt
wird und v.a. für das Qualitätsmanagement entscheidende Relevanz besitzt: Beschwerdeauswertung,
Beschwerdemanagement-Controlling, Beschwerdereporting und Beschwerdeinformationsnutzung.
1. Aufgaben des direkten Beschwerdemanagementprozesses
Da sich häufig nur ein Bruchteil enttäuschter Kunden beschwert, gilt es, im Rahmen der
Beschwerdestimulierung unzufriedene Kunden dazu zu bewegen, ihre Probleme gegenüber dem
Unternehmen zu artikulieren. Hierfür sind leicht nutzbare Beschwerdekanäle einzurichten und über
verschiedene Medien bekannt zu machen. Die Phase der Beschwerdeannahme betrifft primär die
Organisation und Handhabung des Beschwerdeeingangs. Mit ihrer unmittelbaren Reaktion auf eine
Beschwerde im Erstkontakt bestimmen Unternehmen maßgeblich, ob die Unzufriedenheit des Kunden
abgebaut wird. Daher kommt es darauf an, dass Mitarbeiter über Beschwerdewege und
Bearbeitungsstandards informiert sind, über sozialpsychologische Kenntnisse zur Beruhigung der
Situation verfügen und den unternehmerischen Willen zur angemessenen Problemlösung
verdeutlichen. Darüber hinaus ist dafür Sorge zu tragen, dass bei der Annahme das vom Kunden
vorgebrachte Problem vollständig, schnell und strukturiert erfasst wird. Zentrale Inhalte der
Beschwerdebearbeitung sind die Gestaltung der internen Bearbeitungsprozesse, die Festlegung von
Verantwortlichkeiten, die Definition von Bearbeitungsterminen sowie die Installation von
Mechanismen zur Überwachung der Termineinhaltung (interne Mahn- und Eskalationssysteme). Im
Bereich der Beschwerdereaktion gilt es, grundsätzliche Leitlinien und Verhaltensregeln für die
Beschwerdebeantwortung zu entwickeln und zu entscheiden, welche Lösung dem Kunden im Hinblick
auf seine Beschwerde angeboten werden soll. Prinzipiell kommen finanzielle (wie Preisnachlass oder
Schadensersatz), materielle (wie Umtausch oderReparatur) und immaterielle Kompensationsangebote
(wie Entschuldigung oder Information) in Betracht. Hier ist einzelfallspezifisch festzulegen, welche
Reaktion angemessen ist und vom Kunden als fair empfunden wird.
Fortsetzung rechte Spalte
Aus: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/2659/beschwerdemanagement-v12.html
Indirektes Beschwerdemanagement
Integration von Management, System, Organisation, Prozess und Qualität
2. Aufgaben des indirekten
Beschwerdemanagementprozesses
Beschwerden enthalten Hinweise auf Produkt-
und Planungsmängel sowie Marktrisiken und -
chancen. Daher ist es Aufgabe der
Beschwerdeauswertung, die in Beschwerden
enthaltenen Informationen zu analysieren und die
Ergebnisse systematisch für unternehmerische
Entscheidungen bereitzustellen. Im Mittelpunkt
einer quantitativen Beschwerdeauswertung
stehen die Überwachung des Umfangs und der
Verteilung des Beschwerdeaufkommens sowie die
Priorisierung der von den Kunden
wahrgenommenen Probleme. Dies ist durch eine
qualitative Beschwerdeauswertung zu ergänzen,
die der systematischen Ursachenanalyse und der
Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen dient.
Der Tätigkeitsbereich des
Beschwerdemanagement-Controllings umfasst
drei Komponenten. Das Evidenz-Controlling dient
der Ermittlung, inwieweit das
Beschwerdemanagement das Ausmaß der
Kundenunzufriedenheit korrekt aufdeckt. Das
Aufgaben-Controlling überwacht die Einhaltung
von Qualitäts- und Produktivitätsstandards für die
Aufgabenerfüllung. Das Kosten-Nutzen-Controlling
hat die Funktion, die Kosten- und Nutzeneffekte
eines Beschwerdemanagementsystems
abzuschätzen und die Wirtschaftlichkeit und
Rentabilität zu berechnen. Die im Rahmen von
Beschwerdeauswertung und
Beschwerdemanagement-Controlling gewonnenen
Informationen sind im Rahmen des
Beschwerdereportings den Entscheidungsträgern
zugänglich zu machen. Dazu bedarf es der
Festlegung, für welche Zielgruppen
(Geschäftsleitung, Qualitätssicherung,
Marketingabteilung usw.), welche Auswertungen
(quantitativ und qualitativ) in welchen
Zeitintervallen (täglich, wöchentlich, monatlich)
aufbereitet und weitergeleitet werden müssen.
Durch eine systematische
Beschwerdeinformationsnutzung ist letztlich
sicherzustellen, dass die erfassten
Beschwerdeinformationen auch tatsächlich für
Verbesserungsmaßnahmen genutzt werden, etwa
indem sie systematisch in die Arbeit von
Qualitätsverbesserungsteams und Qualitätszirkeln
integriert werden.
koch.management 2016