QM - Systeme
Ausgangssituation
Am Wirtschaftsstandort Deutschland ist die Qualität der angebotenen Produkte für Unternehmen häufig das
entscheidende Alleinstellungsmerkmal, um sich gegenüber Anbietern aus Niedriglohnländern durchzusetzen. Mit
dem Standard ISO 9001 haben viele Unternehmen Qualitätsmanagementsysteme eingeführt und
Qualitätsbeauftragte oder Abteilungen für Qualitätsmanagement haben Einzug gehalten.
Doch der Einsatz und die Einführung von Qualitätsmanagement-Ansätzen führen längst nicht ohne weiteres zu den
gleichen Ergebnissen und Erfolgen. Offenbar passen einzelne Ansätze unterschiedlich gut zu verschiedenen
Unternehmenstypen. Zusätzlich finden sich gerade in kleinen und mittleren Unternehmen oft
Qualitätsmanagement-Systeme, die nicht von der gesamten Belegschaft, sondern nur von einzelnen
innerbetrieblichen Experten getragen und entwickelt werden.
Zwar gewannen auch so genannte »weiche« Faktoren in den vergangenen Jahren an Gewicht im
Qualitätsmanagement, doch die Unternehmenskultur wird bis heute nur am Rande in die Entscheidungs- und
Planungsprozesse einbezogen. Dies liegt nicht nur darin begründet, dass die Beurteilung solcher »weichen«
Faktoren schwer fällt, da diese nicht ohne weiteres ermittelbar oder bekannt sind. Es fehlen auch belastbare
Studien dazu, ob und inwiefern sich welche Qualitätsmanagement-Ansätze für unterschiedliche Kulturtypen
eignen.
Die wachsende Verbreitung zertifizierter Qualitätsmanagement-Systeme in Deutschland wirkt sich also nicht
zwangsläufig positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe aus. Denn nicht alle implementierten
Qualitätsmanagement-Systemen sind auch mit dem Unternehmen kompatibel, in dem sie eingesetzt werden.
Um den wirtschaftlichen Nutzen von Qualitätsmanagement-Systemen zu verbessern, sind praxistaugliche
Konzepte gefordert, die das Thema Unternehmenskultur einbeziehen – nicht nur hinsichtlich der passenden
Qualitätsmanagement-Ansätze, sondern auch mit Blick auf die Frage, ob bestimmte Kulturmerkmale besonders
förderlich oder hinderlich für die Qualität sind.
Dabei ist zunächst – entgegen aller Globalisierungs- und Vereinheitlichungstendenzen – zu prüfen, was eigentlich
den typisch deutschen Qualitätsbegriff ausmacht und wie Qualität zustande kommt. Weiterhin gilt es zu fragen,
ob es Merkmale einer Qualitätskultur gibt, die sich verallgemeinern lassen. Die Annahme ist, dass sich Qualität in
einem produzierenden Unternehmen anders definiert und anders zustande kommt als beispielsweise bei einem IT-
Dienstleister oder einer Beratungsgesellschaft. Doch vielleicht gibt es übergreifende Denk- und Handlungsmuster,
die betriebsweite Qualitätsbewusstsein fördern und über Branchen hinweg Gültigkeit besitzen. Welche Merkmale
der Unternehmenskultur dies sind, ist Gegenstand des Forschungsprojekts »Qualitätskultur«. Führungskräften und
Beratern bietet es eine industriell validierte Entscheidungsgrundlage, um die Unternehmenskultur strategisch zu
entwickeln und für die Praxis anzupassen.
Ziel des Projekts »Qualitätskultur«
Das Forschungskonsortium geht von einem Zusammenhang zwischen den Merkmalen der Unternehmenskultur
und der Ausprägung von Qualität aus. Die Annahme ist, dass es nicht eine einzige optimale Ausprägung von
Qualitätskultur gibt. Vielmehr, dass die optimale Unternehmenskultur von jeweils unterschiedlichen Faktoren
wie Produktart oder Preissegment abhängt. Der geeignetste Qualitätsmanagement-Ansatz für ein Unternehmen
hängt daher neben weiteren Faktoren wie dem einzubringenden Aufwand oder den angestrebten Ergebnissen
wiederum von der vorherrschenden Unternehmenskultur ab.
Das Forschungsprojekt »Qualitätskultur« sucht deshalb nach den relevanten Merkmalen einer
Unternehmenskultur und nach praxistauglichen Kategorisierungen der Qualitätsfaktoren, damit der
Zusammenhang sichtbar und vorhersehbar wird. Der Faktor Unternehmenskultur soll auf Basis
wissenschaftlicher Erkenntnisse aktiv in das Qualitätsmanagement integriert werden. Bestehende QM-Systeme
lassen sich damit um eine Entscheidungsdimension erweitern und können damit passend zur
Unternehmenskultur ausgewählt und eingesetzt werden.
Als zentrales Produkt entwickeln die Projektpartner ein Software-Tool zum schnellen »Unternehmenskultur-
Qualitäts-Check«, der Führungskräften und Qualitätsbeauftragten eine erste Orientierung bietet. Bestehende
Unternehmenskulturen können anhand empirischer Daten daraufhin überprüft werden, inwiefern sie den
Qualitätsanspruch des Unternehmens unterstützen. Unternehmen gewinnen damit eine Entscheidungsgrundlage
zur Einführung von Qualitätsmanagement-Ansätzen.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie
website:
http://qualitaetskultur.ipt.fraunhofer.de/index.php
http://qualitaetskultur.ipt.fraunhofer.de/auswertung_qualitaetskultur_studie.php?i=c840d9e2c1177286231b87
3642a925d56
siehe auch:
Ist Ihre Organisationskultur fit für Prozessmanagement?
Theresa Schmiedel*, Jan vom Brocke*, Jan Recker**
*University of Liechtenstein, **Queensland University of Technology - 2012
Projekt “Qualitätskultur” des
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie
Integration von Management, System, Organisation, Prozess und Qualität
koch.management 2016